Das Line-up wird länger! Rund drei Monate vor dem Festivalstart gibt Pop-Kultur 2023 weitere Live-Acts, Commissioned Works sowie erste Talks bekannt. Unter den frisch bestätigten Musikerinnen befinden sich unter anderem das aus Ay Wing, mari.ama, Johanna Amelie, Mya Audrey und Leonie Geisler bestehende FEMERGY COLLECTIVE, das seinen utopischen und auf Respekt und Vielfalt ausgerichteten Mikrokosmos für das Pop-Kultur-Publikum öffnet. Außerdem vertreten sind der zwischen New und Old School changierende Hamburger Rapper Kwam.E, das ebenso aus der Hansestadt stammende rock-bluesige Vierergespann Fheels sowie umru, der mit seinen bekannten Remixen einheizen wird.

»Was bedeutet es, im Angesicht von Raketenangriffen und des alltäglichen Horrors des Krieges Kultur zu erschaffen?«, fragte sich Festivaldramaturg Christian Morin, der gemeinsam mit Yeşim Duman und Pamela Owusu-Brenyah Pop-Kultur kuratiert. Deshalb lädt er eine Reihe von Kulturschaffenden aus der Ukraine ein, sich und ihre Arbeit bei Pop-Kultur in Konzerten zu präsentieren und in Talks gemeinsam zu diskutieren.

Das Festival, das vom 30. August bis 1. September 2023 in der Kulturbrauerei stattfindet, richtet den Blick dabei unter anderem konkret auf die Veranstalter*innen des Black-Factory-Festivals und der sogenannten Clean-up-Raves der Gruppe Repair Together, bei denen große Gruppen junger Menschen zu elektronischer Musik helfen, Trümmer zu beseitigen und beschädigte Häuser zu reparieren. In Kriegszeiten versucht die Undergroundszene in Kiew durch diese Events etwas Normalität und Gemeinschaft zu stiften. Mit dem Elektronik-Duo Hungry Boys und der konfrontativen Elektropop-Punk-Musikerin TUCHA sind gleich zwei spannende ukrainische Acts dieser Szene vertreten.

Zudem kreiert die ukrainische Künstlerin Mariana Sadovska mit ihrem Musikprojekt Vesna ein Commissioned Work, das traditionelle Gesänge, archaische Klänge und Instrumente mit zeitgenössischen, oft elektronischen Sounds kombiniert, um Fragen nach Herkunft, Freiheit und Identität aufzugreifen.

Auch in anderen Commissioned Works schlägt sich diese Suche nach neuen Formen in bewährten Musiktraditionen nieder. Die auf Zypern geborene und in Berlin lebende Künstlerin Krista Papista zelebriert analog zu ihrer aktuellen LP »Fucklore« mit der Commissioned Work »Fucklore Bellringers« einen queerfeministischen Gegenentwurf zu nationalistischen Narrativen, indem sie Musik vom Balkan und aus dem nahen Osten mit einer gehörigen Portion Punk poetisch und ästhetisch aufmischt. Gloria de Oliveira interessiert sich hingegen für Mythen und Erzählungen. Mit »Serẽa« taucht sie in die Sirenen-Welt der Antike ein. Auf ihrer traumtanzenden Erkundungsreise macht sie halt bei unterschiedlichen musikalischen Stilen und Genres, darunter Bossa Nova, portugiesischer Fado, Kunstlieder des 19. Jahrhunderts sowie Volkslieder von den britischen Inseln.

Ganz gleich, ob es sich um Performance, Installation oder Musical handelt, um die Umsetzung der Commissioned Works kümmert sich im Pop-Kultur-Team Pamela Schlewinski. Bei den diesjährigen Arbeiten macht sie eine starke narrative Tendenz aus: »Die Commissioned Works sind besondere Beispiele für neue Formen des Storytellings. Viele Künstler*innen entwickeln Alternativen zu gewohnten Erzählweisen so wie Krista Papista oder Voodoo Beach & Die Wilde Jagd. Oder sie erzählen sehr persönliche Geschichten mit hohem Identifikationspotenzial wie beispielsweise Anika oder Garagen Uwe.«


Auch FAAM (Fashion Art And Movement) kommen mit einer Neuinterpretation zum Festival. Das Berliner Modelabel um den französischen Choreographen und Designer Stéphane »Peeps« Moun verwandelt die Bühne und begibt sich mit seinem eigens für diese Commissioned Work zusammengestellten Ensemble auf eine musikalische Reise mit Tanz und visueller Kunst.

Portrait XO interessiert sich als multimodal und -medial arbeitende Künstlerin für das Verhältnis von Mensch und Maschine, mit einem Fokus auf Künstlicher Intelligenz. In einer Commissioned Work macht sie die Verwendung ihrer beiden Arbeitswerkzeuge – traditionelle Instrumente sowie Deep Learning – sichtbar und regt immersiv zu einem Gespräch über die Zukunft der Musikproduktion an.

Zudem steht eine ganz besondere Premiere bei Pop-Kultur auf dem Programm: L Twills präsentiert die Pre-Release-Show mit unveröffentlichten Videos ihres erst im Oktober erscheinenden Albums »After her Destruction« als Science-Fiction-Reise durch den eigenen Verstand.

Prof. Dieter Gorny, Aufsichtsratsvorsitzender der Initiative Musik, die unter anderem die Commissioned Works unterstützt, ist von der nachhaltigen Wirkung der Auftragsarbeiten überzeugt: »Durch die Commissioned Works bekommen Musiker*innen die Möglichkeit, Facetten ihrer Kunst ganz neu zu denken und zu inszenieren. Das Pop-Kultur-Publikum ist dadurch in der einzigartigen Lage, Bühnen-Performances jenseits von gewohnten Konzertkontexten zu erfahren und vielleicht sogar Teil davon zu werden. Die kreativen Experimente und Erlebnisse fördern wir nur zu gern.«

Apropos kreative Praktiken: Am 23. Juni findet mit »Drag Syndrome Deutschland« die zweite »Pop-Kultur lokal«-Veranstaltung im Gelegenheiten in der Weserstraße 50 statt: Ein Workshop mit Präsentation und Aftershow, der in Zusammenarbeit mit Daniel Vais, dem Choreografen und Artistic Director des aus England stammenden Projekts Drag Syndrome, entstanden ist und sich an Menschen mit Down-Syndrom richtet, die eine Laufbahn als Drag Artist anstreben.

Und auch die Bewerbungsphase für »Pop-Kultur Nachwuchs« läuft noch bis zum 31. Mai: Aufstrebende Talente sind eingeladen, sich via https://nachwuchs.pop-kultur.berlin/ auf einen der 250 Plätze zu bewerben. Das Programm richtet sich an Bookerinnen, Artist Managerinnen, Journalistinnen, andere Professionals und Künstlerinnen aus der Musikindustrie.

Konzerte und DJ-Sets von: 21 downbeat / Aili / Aksak Maboul / Albi X / Ansu / ARXX / ARY / Banoffee / BRKN / C’est Karma / Casey MQ / Codeine / Crack Cloud / cumgirl8 / Das Kinn / Dina Summer / Drag Syndrome / Empress Of / ERRORR / EVÎN / Fave / FEM*ERGY COLLECTIVE/ Fheels / Fishbach / Free Love / Get Jealous / Indigo Sparke / J. Vague / Junior Boys / Karl Vento / Kwam.E / Lola Marsh / MADANII / Meagre Martin / mui zyu / Mulay / NAS TEA / Nashi44 / pape / Prince Emrah / Rasha Nahas / Robert Kretzschmar / Rosa Anschütz / Sam Quealy / Selin Davasse / Sofie Royer / Sophia Blenda / Sorry / Stella Sommer / Tami T / The Düsseldorf Düsterboys / Tigre Bleu / TUCHA / umru / Wa22ermann / Walter Astral / Wellen.Brecher / Zainab Lax / Zustra

Commissioned Works von:
Anika »Lost Voices« / A Song For You / FAAM / Fuffifufzich »Kontrollverlust Romantico« / Garagen Uwe / Gloria de Oliveira »Serẽa« / Krista Papista »Fucklore Bellringers« / L Twills »After her Destruction« / Mariana Sadovska – Vesna / Nichtseattle »Haus aus Papier« / Portrait XO / Voodoo Beach & Die Wilde Jagd »Kaskaden«

Talks und Lesungen:
»Die Frau mit dem Arm« (De) (Lese-Show mit Andreas Dorau & Gereon Klug) / »A Record Label (What is it good for?) II«: Anton Teichmann, Marc Hollander, Olga Karatzioti-B.,Mod.: Christina Mohr / »Note To Self« – Artist Talk with Banoffee & Rasha Nahas moderated by Lior Neumeister / »Fabolous Drag Night Talk« – Chit Chat with Drag Syndrome and Saioa Alvarez Ruiz / »Culture In A Warzone«: Dmytro Kyrpa, Maria Tuchka, Sergey Yatsenko, Mod.: Simon Bonney

Talks & Filme und weitere Live-Programmpunkte folgen