Kannst du uns etwas über deinen Hintergrund erzählen und wie du zur Musik gekommen bist?
Ich bin in Ostberlin aufgewachsen und den 80er Jahren musikalisch sozialisiert worden. Wir sind jedes Wochenende ausgegangen. Damals hat kein DJ auf Beat gemixt und sie haben noch moderiert zwischen den Liedern.
Ich habe viel Radio gehört, unter anderem Barry Graves, der in seiner Sendung Studio 89 (später Studio 92) immer wieder mal Mitschnitte spielte von Radiosendungen aus NYC. Das waren DJ-Mixes, Disco, Funk, später HipHop und dann auch House. Später habe ich bei Radio4U vor allem Heartbeats per Minute mit Monika Dietl rauf uns runter gehört und mitgeschnitten.
DAS hat mich geprägt.
1992 bin ich nach Kreuzberg in eine WG gezogen. Einer der Mitbewohner hatte in seinem Zimmer ein komplettes DJ-Set aufgebaut (2 MKs und einen kleinen Battle-Mixer). Dort habe ich das Set zum ersten Mal direkt vor der Nase gehabt.
Er hat mir gezeigt, wie alles funktioniert und ich durfte anfangs auch seine Platten nutzen, sollte mir aber möglichst schnell eigene kaufen. Habe ich gemacht. Der Freundeskreis hat mitbekommen, dass ich mit viel Interesse und Leidenschaft an den Plattentellern stehe. Ein Freund, Tarik Satti, hat zu der zeit regelmäßig im 90 Grad aufgelegt. Da sind wir oft hingegangen. An einem Nachmittag hat er mich gebeten, abends mit meinen Platten zu kommen und an seiner statt im 90 Grad die ersten 4 Stunden aufzulegen.
So fing alles an.
Wie würdest du jemandem deinen Sound beschreiben?
Musikalisch habe ich eine Reise hinter mir (die natürlich noch nicht zu ende ist), die für mich immer folgerichtig war. Angefangen habe ich ja mit Platten, die nicht meine waren, das war viel Acid-Jazz, RareGroove, Underground-HipHop usw. Später habe ich Brazil und den Sound von Jazzanova für mich entdeckt und gleichzeitig Soul, Funk, HipHop und RareGroove in einem Set gespielt. Früher ging das mal.
Aus dem heraus hat sich meine Liebe zu Disco (angesteckt von Barry Graves, wie oben schon erwähnt) geschält und von der Sache her würde ich sagen, Disco ist jetzt mein Sound. Von 1996 bis 2016 habe ich im DJ-Team The Soulpistols gespielt. In der Zeit habe ich auch eine Familie gegründet und nicht sehr viel aufgelegt.
Welche Herausforderungen hast du in deiner Laufbahn erlebt?
Ich hatte, als ich in der WG gewohnt habe, manchmal für 2 Wochen noch 30 DM. Ich konnte mir aussuchen, ob ich die 30 DM für Lebensmittel ausgebe oder für Platten. Es waren immer Platten, gegessen habe ich dann bei Mama oder gar nicht oder ich hab mir was geklaut. Seit 2017 bin ich solo unterwegs und musste mich selbst vollkommen neu aufstellen. Niemand kannte mich, ich war wie ein Newcomer. Das war hart und hat mich manchmal an den Punkt gebracht, darüber nachzudenken, aufzuhören.
Welchen Rat würdest du jemandem geben, der davon träumt, professionell Musik zu machen?
Sollte mich jetzt jemand nach einem Rat fragen, dann wäre meine Antwort: wenn Musik wirklich Deine Leidenschaft ist und du wirklich dafür brennst, dann bleib dran. Bleib auch dran, wenn es schwierig wird, bleib dran, wenn du nicht gebucht wirst, keiner deine Tracks veröffentlichen will, du kein Geld hast für Musik oder Equipment oder oder oder. Bleib dran, es gibt harte Zeiten und es gibt coole Zeiten.
Es lohnt sich.
Kannst du uns was über deine Projekte erzählen?
2020 habe ich im ersten Lockdown von meinem Balkon aus mehrere Streams gespielt, um das Crowdfunding für das Süß War Gestern zu unterstützen. Eine Woche später habe ich vier Tage lang vom Balkon eines Nachbarn gestreamt und wieder eine Woche später vier Tage lang aus der Circylar Galerie heraus, dort dann mit jeweils 2 DJs pro Tag. Im Juni 2020 habe ich mit einem befreundeten DJ den Podcast AN DEN DECKS ins Leben gerufen. Es ist ein Podcast, bei dem wir DJs zu ihrem Werdegang befragt haben. Damit sind wir auch nach Hamburg, Dresden, Wien und Zürich gegangen. Wir haben bis Juni 2024 acht Staffeln mit je 20 Folgen aufgezeichnet.
Wie läuft bei dir der kreative Prozess ab, wenn du einen neuen Track schreibst und aufnimmst?
Ebenfalls 2020 habe ich angefangen, mich mit Musikproduktion zu beschäftigen und im Sommer 2022 meine erste Single veröffentlicht. Ich produziere auch weiter, aber meistens mache ich Edits nur für mich zum auflegen. Im letzten Jahr habe ich nochmal einen Track über ein Label veröffentlicht. Mal sehen, wann der nächste kommt. Ich muss mich recht lange mit einem Track auseinandersetzen, bis er in meinem Kopf soweit reift, dass ich es umsetzen kann. Ich kann nicht auf Masse produzieren. Außerdem fehlt mir oft die Zeit.
Was hältst du für die wichtigste Erfindung im Bereich Musikequipment – und warum?
Das wichtigste Stück Technik für DJs und die DJ-Kultur und die Club-Kultur und alles, wirklich alles, was damit zusammenhängt, ist der Technics MKII. Ohne dieses Meisterwerk an Ingenieurskunst wäre die Szene aus meiner Sicht nicht denkbar. Das gilt für alle Genres, die in Clubs laufen, Disco, HipHop, House, Techno – you name it. Ohne den MKII würde es das alles so nicht geben. Davon bin ich überzeugt.
Was noch bei mir wichtig ist:
Ich arbeite seit 1999 im Radio. Bis Ende 2000 habe ich bei JazzRadio gearbeitet, seit März 2001 arbeite ich bei radioeins. Hier habe ich in den inzwischen 24 Jahren in ganz vielen Redaktionen gearbeitet. Am wichtigsten waren meine Musiksendungen, die ich immer wieder – meistens nur als Vertretung – machen konnte. Aktuell arbeite ich in der Nachrichtenredaktion und schreibe und lese Nachrichten in der Nachtschicht.