In der aktuellen Diskussion fehlen Stimmen, die das Thema aus einer anderen Sichtweise beleuchten. Und ja, es ist ein schwieriges Thema.

Also los…

Kultur sollte in einem freien Land jedem zugänglich sein. So auch die Location, in der sie stattfindet. Stell dir vor, Opern, Theater, Galerien, Museen würden dich aufgrund deiner Jacke, Haare, oder weil du in einer 5er Gruppe junger Typen unterwegs bist, an der Kasse abweisen.

Kultur darf ebenso wenig Restriktionen unterliegen wie die Kunst selbst. Welche Kultur soll aus Beschränkungen entstehen können? Nur die Kultur einer vermeintlichen Elite definiert durch Gästeliste, oder die einer zufälligen Auslese, einer Stildiskriminierung, die niemals objektiv sein kann. Damit wird Kultur letztlich vor ihren Besuchern geschützt und warum ist das nur in Clubs nötig, aber nicht beim Arthouse Fiilm im Kino?

Als Safe Space für marginalisierte Gruppen können Clubs auch nur bedingt gelten, wenn ihnen der Eintritt verwehrt wird. Hierbei muss leider auch der Fakt genannt werden, dass Erkennbarkeit zu diesen Gruppen durch auffälligen Style sie gleichzeitig vermehrter Aggressivität auf dem Weg zum/vom Club aussetzen kann.

Kulturelle Bildung eröffnet neue Welten. Sie begegnet uns zuerst in der Schule, über Bücher, Theaterstücke, den Kunst – und Musikunterricht. Sie begegnet uns natürlich auch im Geschichtsunterricht, aber um Gestaltung des Zusammenlebens zwischen Menschen im historischen Kontext soll es hier nicht gehen.

Clubs können kulturelle Veranstaltungen präsentieren, aber sie bleiben Musikspielstätten, ja eben Vergnügungsstätten, und fürwahr… dieser Bezeichnung wohnt nichts Schlechtes inne. Ohne Vergnügen wäre wir alle tot, gestorben an Depressionen, Alkohol, Langeweile und roten Endzeitknöpfen.

Kulturstätten sind zum großen Teil staatliche Einrichtungen. Dabei ist die Kunst- und Kulturförderung nach dem Grundgesetz in Deutschland in erster Linie Sache der Länder und Gemeinden. Der Bund übernimmt mit rund 1,3 Milliarden Euro etwa 14 Prozent der Gesamtausgaben für Kunst und Kultur. Er ist dabei für kulturelle Einrichtungen und Projekte von nationaler Bedeutung zuständig. Dadurch trägt er dazu bei, unser kulturelles Erbes zu erhalten und sorgt mit dafür, dass sich Kunst und Kultur entfalten können.

Clubs sind in der Regel mittelständische Unternehmen. Menschen eröffnen Clubs, weil sie Musik mögen, weil sie Party machen wollen, weil Clubbesitzer ein cooler Lebensstil ist. Man hat was eigenes, worum einen andere beneiden und kommt immer rein. Alles andere wäre zumindest teilweise geschwindelt.

Zu 90% passiert in einem Club folgendes: 10 Euro Eintritt / 1-5 Bier / 2-6 Stunden tanzen / gefolgt von Kater und Klingeln im Ohr, sowie die leeren Worte, es nie wieder zu tun. Ich erweitere meinen Horizont nicht, weil ich Platte XY im Club höre anstatt zuhause. Es gibt keine transformierende Erfahrung durch Lautstärke, außer bei einem Tinnitus. Es gibt die Musik, die Mode, die Magazine, die Kritiker, die Legenden… die sich zu Jugendkulturen verbinden. Und es gibt die MusikABspielstätten, in denen diese Jugendkultur gelebt wird, bzw. gelebt wurde, denn Jugendkulturen sind größtenteils ausgestorben. Ersteres kann eigenständig existieren.

Fakt ist: Es ist eine Schande, dass Clubs auf das gleiche Niveau wie Bordelle und Spielhallen gestellt werden, die einfach verboten gehören, schon alleine wegen ihrer Unansehnlichkeit. Zumindest aber diese Regelung vollkommen veraltet und nicht mehr zeitgemäß, war es auch nie. Vielleicht mal in den 20ern, aber da waren Clubs auch nicht mit den heutigen Etablissements vergleichbar.

Für Berlin ist es definitiv ein Armutszeugnis, hat die Stadt von Techno doch seit 30 Jahren profitiert, wie von nichts anderem. Eine Lösung muss her. Nicht eine, die bloßes schmückendes Beiwerk ist. Nicht nur ein Lärmschutzfonds. Eine Eingliederung unter Kulturstätte, die die Politik erst mal nicht wirklich zu weitergehenden starken Maßnahmen verpflichtet, ist ein Umweg zum eigentlichen Ziel: Der Anpassung des Gewerbemietrechts und der Baunutzungsverordnung. Die Branche schafft zahlreiche Arbeitsplätze für junge Menschen, die mal schnell einen unkomplizierten Job brauchen und der Club-Tourismus bringt eine Menge Geld nach Berlin. Protektionistische Maßnahmen zum Schutz dieses Wirtschaftszweiges wären also sinnvoll, denn wer glaubt, als Kulturstätte sein man sicher, sollte mal das Schillertheater besuchen. Es ist hier eine ideologisch aufgeladene Debatte im Gange, die letztlich nicht vor Mieterhöhungen schützen wird. (Sie ist zudem etwas elitär geführt und lässt die ganze restliche Berliner Off Kultur einfach links liegen.)

Es braucht keine Anerkennung von Clubs als Kulturstätte. So wie sie sind, sind sie gut und müssen nicht „erhoben“ werden. Es braucht eine Anerkennung ihres Wertes als das, was sie jetzt schon für sehr viele junge Menschen sind: Lebensentwurf, Rückzugsort und Platz für Selbstverwirklichung. Fitnesscenter. Supermarkt zum Anbandeln. Raum zum Sehnsüchte ausleben. Und sich mal wieder so richtig austoben. Sie brauchen kein Etikett. Sie sind bereits die Kronjuwelen Berlins.