Das ist mein erster Jahresrückblick für The Clubmap. Nun versuche ich ausgerechnet das Jahr zu rekapitulieren, in dem das Subjekt eines Magazins für Clubkultur, seine Türen vorwiegend geschlossen hatte. Also… Was hat mich, abseits der Pandemie, dieses Jahr bewegt? Die hässliche Fratze des Rechtsextremismus zeigte sich dieses Jahr noch stärker.

Im Februar gabs den Wahl-Eklat in Thüringen, bei dem sich FDP-Politiker Kemmerich mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten wählen ließ und somit binnen weniger Minuten jegliche Integrität verlor. Es gab den Anschlag in Hanau, bei dem Tobias Rathjen 10 Menschen vor und in Shishabars erschoss. Die Behauptung, es habe sich um eine „Geheimdienstoperation“ gehandelt mit dem Ziel, der AfD zu schaden, machte die Runde und war nur ein weiteres Beispiel für das komplette Abdriften von Teilen unserer Gesellschaft.

Wie, gefühlt tausend, rechte Gruppierungen ihre Ideologien ohne Scham in aller Öffentlichkeit ausleben schockiert mich, zeigt aber auch wie tief verwurzelt dieses Gedankengut ist. Nun haben sie durch die AfD die Möglichkeit bekommen, Unsagbares sagbar zu machen und die Verrohung der Debattenkultur voranzutreiben.

Beispiel gefällig:

Wie die Tagesschau berichtet, hat die Bundesregierung zugesagt, 50 unbegleitete, minderjährige Flüchtlingskinder von der griechischen Insel Lesbos nach Deutschland zu bringen.

oder aber:

Wie die Mainstream-Medien berichteten, will das linksliberale Lügenkartell um unsere Diktatorin Merkel noch mehr parasitäre Eindringlinge in unser Sozialsystem schleusen.

Das all diese Aussagen nicht ausreichen, um die ganze Partei zu verbieten verstehe ich nicht. Aber nur Arschloch zu sein reicht leider nicht, solange es nicht rechtswidrig ist.

Auch in Amerika ist es düster: Die gewaltsame Tötung des unbewaffneten George Floyd am 25. Mai in Minneapolis durch Derek Chauvin, welcher dem Afroamerikaner mehrere Minuten das Knie auf den Hals drückte und ihn erstickte. Das Thema ist noch älter, als die ganzen Nazi-Storys, denn schließlich hat schon vor 400 Jahren das erste Schiff mit afrikanischen Sklaven Amerika erreicht. Das man sich 2020 echt mit dem Thema Hautfarbe auseinandersetzen muss, ist zutiefst absurd und ich frage ich mich, wie manche, die ab der 2./3. Klasse Lebenskunde oder Ethik hatten, den Schuss nicht gehört haben können. Die ganze Debatte hatte Auswirkungen in Deutschland und bewirkte, dass viele Menschen das Vertrauen in Polizei und Verfassungsschutz verloren haben (es grüßt der tägliche Einzelfall). Trotzdem war die BLM Bewegung für das Auffrischen des real existierenden Rassismusproblems sehr wichtig, jedoch wieder mal viel zu kurzlebig. Und eine Sache die mir 2020 nochmal genau vor Augen gehalten wurde:

Die Kurzlebigkeit der Medien. Weder ist irgendwas wirklich entscheidendes mit dem rassistischen Polizeiverhalten in USA passiert (Gut, haben sie während des Hypes mal die Füße bisschen stiller gehalten, aber auch Biden wird keine große Änderungen in das Gruppenverhalten bringen), noch hat jemand mal komplett die grüne Lunge unserer Welt gelöscht – ja der Amazonas brennt immer noch. Ein Thema wo ich mir eine längere Berichterstattung gewünscht hätte, aber wo man eigentlich rein aus Fassungslosigkeit auch nichts mehr zu sagen kann. Auch könnte man eine Masterarbeit dazu schreiben, wie wir es, trotz globaler Vernetzung, komplett verkacken, international und vereint beim Thema Klimawandel und Naturkatastrophen zu handeln.

Dem Ganzen wird mit der Pandemie der Deckel aufgesetzt und wir merken, dass viel zu viel auf der Welt in 2020 passiert ist und keiner mehr einen Überblick hat. Wie soll es weitergehen? Das weiß wohl keiner, aber wahrscheinlich ist es keine positive Zukunft und wir können bloß hoffen, das mit der Impfung die Möglichkeit kommt, bei einer guten Ausstellung, einem Museumsbesuch, einer durchschwitzten Nacht, einem abwechslungsreichen Open Air und tiefen Gesprächen uns wenigstens kurz von der Reizüberflutung abzulenken, jedoch immer mit dem Hintergedanken, nicht aufhören zu wollen, Veränderung in unsere Welt zu bringen.