Berlin bekommt mal wieder eine temporäre Clublocation: Die Alte Feuerwache am Tempelhofer Feld wird zwischen Mitte August und Mitte Oktober 2025 zum Raum für Clubkultur, Kunst und Workshops. Klingt nach Aufbruch, ist aber vor allem ein Modellprojekt der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt und ein weiterer Testballon, wie faire Flächenvergabe in Berlin funktionieren könnte.

Aus 216 Bewerbungen wählte eine Jury, bestehend aus Yuko Asanuma, Karoline Lucks und Zoe Uellendahl sechs Kollektive aus, die an sechs Terminen ihre Visionen präsentieren dürfen. Koordiniert wird das Ganze von Torhaus Berlin e.V., abgesichert von der Lotto-Stiftung und der Clubcommission, die sich hier einmal mehr als Schnittstelle zwischen Politik und Szene positioniert.

Zumindest Yuko Asanuma ist hierbei problematisch. In einem Artikel des Springer Blättchens WELT heißt es: „die bekennende BDS-Unterstützerin Yuko Asanuma teilt seit Monaten offen israelfeindliche bis antisemitische Inhalte auf ihrem Account bei „X“.“

Die Kollektive, die spielen dürfen:

  • Fiestuki (22. August): Lateinamerikanische Sounds, Doku-Screenings, Talks, Open Decks und Clubnacht.
  • VUULVA Power & BerlanAllee Studio (29. August): Queer, migrantisch, FLINTA – interdisziplinär, performativ, sinnlich.
  • Cassette Heads Sessions (5. September): Jam, Percussion, Bass, Live und DJs ohne klare Trennung.
  • MILK ME (10. September): Nacht gegen den Strich, experimentell, hybrid, intensiv.
  • TREASON (19. September): Drag-Cabaret, queere Performance, exzentrische Clubmusik, internationale Drag-Familie.
  • MUSTER x CURA Berlin (26. September): Ausstellung trifft Ambient und Techno, FLINTA-Fokus, kollektive Prozesse.

Tagsüber gibt’s Workshops, Talks und Ausstellungen. Künstler:innen wie Bahar Kaygusuz, Hauck Plümpe oder Carolin Ruggaber thematisieren Gemeinschaft, Klima und Rettungskultur. Abends übernehmen die Kollektive – jeweils für einen Abend, nicht mehr.

Der Rahmen:
Finanzielle Unterstützung fürs Booking, ein Stück vom Bar-Umsatz, technische Basis, Begleitung durch Torhaus und Clubcommission, gemeinsame Kommunikationskampagne. Awareness, Diversität, Barrierefreiheit und Nachhaltigkeit sind Pflicht. Das Ganze ist also kein Wildwuchs, sondern ein klar kuratiertes Experiment mit enger politischer Taktung.

Politik verkauft es als Signal:
Kultursenatorin Sarah Wedl-Wilson nennt die Alte Feuerwache ein Beispiel für „niedrigschwelligen Zugang zu landeseigenen Flächen“ und „klare Rahmenbedingungen für verantwortungsvolle Nutzung“. Emiko Gejic von der Clubcommission spricht von „fairer, transparenter und zugänglicher Vergabe“. In der Realität bedeutet das: sechs Termine, zwei Monate, kein langfristiger Ort. Ob mehr daraus wird, ist offen.

Eröffnung am 15. August
Los geht es mit Grußworten von Senatsverwaltung, Tempelhof Projekt GmbH, Clubcommission und Co. Danach Live-Musik, Performance und DJs – u. a. Future3, Plan B, K’boko, Senu, Imad & Triqi sowie Acidfinky. Ab 20:30 Uhr Eintritt: 10 Euro.

Einordnung:
Die Feuerwache wird zur Projektionsfläche für das, was Berlin gerade fehlt: Räume für Clubkultur, die nicht sofort kommerziell ausgeschlachtet werden. Gleichzeitig bleibt es ein streng befristetes Modell mit enger Kontrolle. Ob es mehr sein kann als ein kurzes Showcase, entscheidet nicht die Szene, sondern die Verwaltung. Für die Kollektive ist es Chance und Limit zugleich: Sichtbarkeit, Förderung, aber eben nur ein Abend.

Berlin testet hier, wie man nicht-kommerzielle Kultur temporär zulässt, ohne dauerhaft Raum abzugeben. Für die Szene bleibt die Frage: Ist das ein Fortschritt oder nur symbolische Befriedung?