Freunde zu finden ist für junge Menschen inzwischen eine Herausforderung, besonders für die Post-Corona-Generation in Berlin, wo organische Begegnungen seltener werden. In Berlin heißt ‚Freunde treffen‘ oft: stundenlang im Park rumhängen, hoffen nicht abgezogen zu werden und zwei Stunden auf Leute warten, die man Personen nennt und selten Freunde. Dieses isolierte Segment junger Erwachsener sucht deshalb aktiv nach Wegen, miteinander in Kontakt zu kommen. Leider ist die Nachfrage hoffnungslos größer als das Angebot.
Genau darin liegt eine große Chance für Clubs, diese Lücke zu schließen und durch sinnvolle Verbindungen eine positive Markenwahrnehmung aufzubauen.
Ein paar Fakten:
- Studien zeigen: Freundschaften entstehen nach dem Studium schwerer. Mobilität, Remote-Arbeit, Individualisierung – alles sorgt dafür, dass gewohnte Bindungsräume wie Vereine oder Kirchen wegbrechen
- Paradox: Städte sind voll von Menschen, aber sie erzeugen häufig Anonymität. Gerade in Großstädten berichten junge Erwachsene von Einsamkeit trotz sozialer Optionen. Stichwort „urban loneliness“.
- Gen Z und Millennials: Beide Generationen suchen aktiv nach „Third Spaces“ (zwischen Home und Work). Coffeeshops, Gyms, Community-Events oder auch Discord-Server und Social Apps übernehmen hier teilweise die Rolle. Aber: viele Angebote sind transaktional, nicht verbindlich.
- Es gibt extrem viele Tools (Meetup, Bumble BFF, Sportgruppen), aber die Qualität der Verbindung hinkt hinterher. Sprich: das Angebot ist da, aber nicht ausreichend wirksam, um tiefe Verbindungen zu schaffen.
Clubs waren immer Third Spaces. Aber sie haben den Fokus lange auf „Nacht, Eskapismus, Exzess“ gelegt, weniger auf Verbindlichkeit oder Community-Building. Das Thema hatte ich schon an anderer Stelle öfters angemerkt, da ging es aber darum, wie Clubs die Kids nach Corona nicht abholten und eine zwei ganze Jahrgänge verloren.
Die Idee zu diesem Artikel kam mir durch den „Tag der offenen Tür“ im Sisyphos. Am 11. September lud das Sisyphos zum Tag der offenen Tür: Vorträge über Entstehung und Geschichte, Einblicke in Strukturen, Kontextualisierung in Berlin. Dazu Musik, Essen und eine Hüpfburg für die Küken.
Wie könnte Clubkultur das weiter adaptieren? Ein paar Ansätze:
Von Event zu Kontinuität
Clubs könnten Formate etablieren, die jenseits des einmaligen Rave-Besuchs eine soziale Infrastruktur bieten. Zum Beispiel: offene Stammtische, Barabende, Listening Sessions oder Book Clubs, Queer Film Nights, Workshops in denselben Räumen mit dem Ergebnis: Wiederkehrende Touchpoints, wo sich Leute öfter sehen und nicht nur einmal verschwitzen.
Daytime als Türöffner
Für Gen Z ist der Club als Lifestyle-Ort auch tagsüber interessant. Cafés, Co-Working-Spaces oder Sportangebote im Clubumfeld (remember FC Magnet Club Turnier der Berliner Clubs…) könnten Schwellen abbauen und „Freundschaften im Alltag“ ermöglichen. Beispiel: Clubcommission & YAAM machen Daytime-Labs, Lokschuppen oder ELSE öffnen tagsüber mit einem anderen Vibe.
Digitale Vor- und Nachräume
Community lebt nicht nur im physischen Raum. Clubs könnten Discord-Server, Telegram-Chats oder eigene Plattformen pflegen, wo Playlists, Fotos, Diskussionen entstehen. Damit verlagern sich Verbindungen auch zwischen den Events.
„Onboarding“ für neue Clubgänger
Für eine Generation, die in der Pandemie sozialisiert wurde, sind klassische Türpolitiken teils abschreckend. Clubs könnten Einsteigerformate anbieten z. B. frühe Abende mit moderater Lautstärke, Awareness-Workshops, Open Decks. Das senkt Einstiegshürden.
Hybrid aus Subkultur und Care
Clubkultur kann Third Space sein, wenn sie sich nicht nur über Exzess, sondern auch über Care definiert. Safe Spaces, Awareness, Inklusion, auch politische Diskussionen. Das erfüllt ein soziales Bedürfnis, das Apps und Bars nicht liefern.
Kooperation mit Brands?
Clubs sollten ihre eigene Relevanz nutzen, um als Plattform zu fungieren und gezielt mit passenden Partnern (Community-orientierte NGOs, lokale Kollektive, kleine Labels)arbeiten, nicht mit random Energy-Drink-Marken.
Wenn Clubs sich als Orte für Anschlussbiografien verstehen, sichern sie nicht nur ihre Relevanz… sie werden für Gen Z zum fehlenden sozialen Anker.





