PANDAwomen geht in die 8. Festivalausgabe und ihr habt ein neues Konzept, wie sieht das aus?
Als wir 2018 das erste PANDAwomen ins Leben riefen, ging es uns vor allem darum, die Musikerinnen zu stärken – im Showbusiness allgemein und in bestimmten Ländern im Besonderen. Da unser Raum für ein “großes” Festival zu klein war, entstand die Idee, sieben Konzerte an sieben Freitagen zu veranstalten. Seitdem ist PANDAwomen gewachsen, hat neue Formen gefunden, neue Stimmen integriert – aber eines blieb: An sieben Freitagen im Herbst stellen wir die Rolle von Frauen in Kultur, Musik und anderen noch immer männlich dominierten Bereichen in den Mittelpunkt.
In diesem Jahr entwickeln wir das Konzept weiter: Aus sieben Abenden werden sieben kuratierte Mini-Festivals, die sich zu einem Ganzen verbinden und jeweils einem anderen Land gewidmet sind. Jede Kuratorin gestaltet ihr eigenes künstlerisches und inhaltliches Programm – mit Konzerten, Talks, Ausstellungen, Filmvorführungen und Buchpräsentationen.
Neu ist auch ein Rahmenprogramm, das PANDA platforma als Ort sichtbar macht: Zwischen den Festivalabenden gibt es Begegnungen mit Künstlerinnen, Diskussionen, Workshops und Ausstellungen. So entsteht über sieben Wochen ein Festival, das wächst, sich verändert – und den Dialog zwischen den Communities am Leben hält.
Warum habt ihr euch entschieden, nicht nur die Musik in den Fokus zu stellen, sondern vielmehr interdisziplinäre Events zu veranstalten?
Musik ist und bleibt das Herz von PANDAwomen – aber viele unserer Künstlerinnen denken und arbeiten längst über Genregrenzen hinweg. Sie sind Musikerinnen, Autorinnen, Performerinnen, Aktivistinnen – oft alles gleichzeitig. Diese Vielschichtigkeit wollten wir sichtbar machen. Die interdisziplinären Formate öffnen neue Räume: Musik trifft auf Text, Bild, Film oder Gespräch. Dadurch entstehen Kontexte, in denen Kunst in Resonanz geht – mit anderen Formaten, mit der Gesellschaft, mit dem Publikum.
Es wurden Belarus, Estland, Georgien, Iran, Jemen, Polen und die Türkei als Fokus-Länder ausgewählt. Warum der Fokus auf diese Länder?
Die Auswahl der Länder hat mehrere Ebenen. Einerseits ging es uns um künstlerische Qualität und um die enge Zusammenarbeit mit herausragenden Kuratorinnen, mit denen wir seit Jahren verbunden sind. Andererseits wollten wir zeigen, wie unterschiedlich die Bedingungen sind, unter denen Frauen Kultur schaffen. In Estland etwa unterstützt der Staat Kunst mit allen Mitteln – während in Belarus das Lukaschenko-Regime jede*n Andersdenkenden ins Gefängnis wirft. In Georgien musste eine Musikerin mitten in der Festivalvorbereitung fliehen. Im Iran und im Jemen ist Frauen jede künstlerische Betätigung weitgehend untersagt – wer es trotzdem wagt, riskiert Repression und Gewalt.
Diese Kontraste wollen wir sichtbar machen und die Gesellschaft dafür sensibilisieren.
Wie kam es zu der Entscheidung, jedes Mini-Festival von einer Kuratorin aus der Diaspora kuratieren zu lassen?
Weil echte Repräsentation nur von innen kommen kann. PANDAwomen-Kuratorinnen leben oft zwischen Welten – sie kennen die Kunstszenen ihrer Herkunftsländer ebenso wie die Realitäten des Exils. Diese doppelte Perspektive schafft Verbindungen: zwischen Herkunft und Ankommen, zwischen inneren Konflikten und künstlerischer Freiheit. Wir begleiten sie organisatorisch und strukturell, aber die inhaltlichen Entscheidungen liegen bei ihnen.
Hat sich die Repräsentation von weiblich gelesenen Stimmen seit der ersten PANDAwomen-Ausgabe im Berliner und (inter)nationalen Festivalkontext verändert?
Es hat sich etwas bewegt – aber echte Gleichheit sieht anders aus. Heute stehen zwar mehr Frauen auf den Bühnen, doch in Entscheidungspositionen dominieren weiterhin oft Männer. Von Gleichberechtigung sind wir noch weit entfernt. Uns geht es dabei nicht um Quoten, sondern um Strukturen: von und für Frauen geschaffene Räume, in denen Frauen gestalten, kuratieren und Verantwortung übernehmen können. Genau das macht das PANDAwomen Festival – und zeigt, was passiert, wenn man Vertrauen und Sichtbarkeit nicht aufteilt, sondern teilt.
Inwiefern sehen Sie Ihr Festival als Raum für Empowerment und künstlerischen Austausch – gerade in Zeiten, in denen sozialer Dialog sich schwierig gestaltet?
Wir wollen einen Ort des Austauschs jenseits der Blasen schaffen. Migration, Exil, Diaspora – all das kann sehr isolierend wirken. PANDAwomen öffnet diese Räume, bringt Menschen ins Gespräch, die sich sonst vielleicht nie begegnen würden. Musik ist dafür das perfekte Medium: direkt, emotional, verbindend. Empowerment heißt hier, aus dem Privaten ins Öffentliche zu treten, gehört zu werden – und sich gegenseitig zu stärken.
Gibt es Highlights oder besondere Künstler*innen, auf die Sie sich besonders freuen?
Jedes Mini-Festival hat seine eigenen Höhepunkte: Wir freuen uns auf Mari Kalkun, die unter anderem in Võro singt, einer der ältesten Sprachen Europas. Die Eröffnungsrede hält die in Deutschland lebende herausragende georgische Schriftstellerin Nino Haratischwili. Ein weiteres Highlight ist der Workshop von Parisa Saeednezhad und Yalda Yazdani über traditionelle iranische Musik.
Die polnische Künstlerin Anna Steller, die an der Schnittstelle von Musik, Tanz und Performance arbeitet, steht exemplarisch für die interdisziplinäre Offenheit des Festivals. Und die belarussische SängerinAnastasia Rydlevskaya verwandelt mit ihrer eindringlichen Stimme und modernen Interpretationen traditioneller Lieder die Realität ihres Landes in berührende Musik.
Darüber hinaus gibt es viele Künstlerinnen, die in Berlin zum ersten Mal auftreten – etwa Musikerinnen aus dem Iran, Georgien oder dem Jemen. Für uns sind diese Begegnungen die eigentlichen Highlights: Momente, in denen Neues entsteht, in denen verschiedene Realitäten miteinander in Resonanz treten. PANDAwomen ist in diesem Sinne kein Festival der Stars, sondern ein Festival der Entdeckungen.
Bild: Copyright Roman Ekimov





