Im Buch „English in Berlin“ von Moshtari Hilal und Sinthujan Varatharajah wird beschrieben, wie englischsprachige Diskurse nicht nur eine andere Sprache nutzen, sondern auch die Rahmenbedingungen von Debatten in Berlin prägen. Dies führt oft dazu, dass lokale Perspektiven durch englischsprachige Expat-Standpunkte verdrängt werden, was zu einem Verlust des kulturellen Kontextes führt.

In Berlin selbst zeigt sich ein komplexes Bild: Englisch hat durch internationale Wirtschaftszweige, Tech-Startups und Tourismus stark an Bedeutung gewonnen, ohne dass Deutsch als Lokalsprache dabei komplett verdrängt wird. In der Öffentlichkeit werden häufig beide Sprachen gemischt, doch die Dominanz des Englischen spiegelt zugleich Machtverhältnisse und ökonomische Interessen wider. Diese Entwicklung stößt auf Widerspruch, da die lokale Bevölkerung ihre Sprache und kulturelle Identität schützen möchte, während gleichzeitig globale Vernetzung gefördert wird.

Als ich vor kurzem die Website einer Nachhaltigkeitskonferenz in Hamburg analysierte, fiel mir auf, dass dort alles nur auf Englisch angeboten wurde. Wenn ausgerechnet auf einer Veranstaltung, die sich mit Zukunftsthemen beschäftigt, nur eine Fremdsprache verwendet wird, schließt das viele Hamburgerinnen aus, obwohl sie ein Interesse und eine wichtige Perspektive auf Nachhaltigkeit einbringen könnten. Barrierearm geht anders Leudde. Barrierefreie Inklusion würde hier mehrsprachige Angebote erfordern, da einengende Sprachwahl viele Menschen ausschließt. Besonders in gesellschaftlich relevanten Diskursen zu Nachhaltigkeit, Diversität und Kultur musss mehrsprachige Kommunikation nicht nur Lippenbekenntnis bleiben, sondern aktiv umgesetzt werden.

Es irritiert mich, dass eine Clubkultur, die sich als inklusiv beschreibt, ihre Texte ausschließlich auf Englisch veröffentlicht. Wie kann Inklusion funktionieren, wenn die direkte Nachbarschaft nicht in die Gespräche einbezogen wird? Wie wertvoll sind dann Weltoffenheit, Toleranz und Diversität, wenn Panels nur auf Englisch stattfinden und lokale Stimmen damit ausblenden? Zur Inklusion gehören nicht nur Konzepte der Toleranz und Weltoffenheit, sondern auch konkrete Maßnahmen wie zweisprachige Texte und Übersetzungen auf Konferenzen oder bei kulturellen Veranstaltungen.

Ich finde es extrem widersprüchlich, dass wir bei Konzerten zwar Zeichensprache-Dolmetscherinnen bereitstellen, bei wichtigen Konferenzen zur Zukunft von Musik, Clubs und Festivals in Deutschland aber kaum für Übersetzerinnen sorgen. Für mich muss Inklusion mindestens zweisprachig sein. Inklusion auf die Fahne zu schreiben, aber ausschließlich in einer Fremdsprache zu kommunizieren, ist das Gegenteil zu einer Kommunikation, die alle Menschen erreicht und einbindet.

Zudem betonen Forschungsprojekte und Initiativen wie das CLADES Erasmus+ Projekt (Critical Language Awareness) die Bedeutung von kritischem Bewusstsein für Sprache als soziale Praxis, die ökonomische, ökologische und soziale Gerechtigkeit fördern oder behindern kann. Multilinguale Kommunikation wird als essentiell für inklusives Engagement und nachhaltige Solidarität betrachtet, da sie Menschen befähigt, vollständig teilzuhaben und gehört zu werden.

Englisch als Konferenzsprache in Deutschland hat komplexe Auswirkungen auf Teilhabegerechtigkeit, die in aktuellen Debatten vielfach diskutiert werden:

  1. Barriere für Nicht-Englischsprachige: Viele Teilnehmende, insbesondere aus der lokalen Bevölkerung oder aus nicht anglophonen Herkunftsfamilien, fühlen sich ausgeschlossen, wenn Konferenzen ausschließlich auf Englisch stattfinden. Dies erschwert ihr volles Verständnis, Mitwirken und Einbringen eigener Perspektiven, was die Teilhabe deutlich einschränkt.
  2. Ungleiche Machtverhältnisse: Englisch als «Lingua Franca» spiegelt ökonomische und soziale Machtstrukturen wider, da jene mit besseren Sprachkenntnissen bevorzugten Zugang zu Wissen und Netzwerken haben. Das verstärkt vorhandene Ungleichheiten und erschwert Chancengleichheit bei der Mitgestaltung gesellschaftlicher Themen.
  3. Einschränkung von kultureller Identität: Die Vernachlässigung der deutschen Sprache in öffentlichen und sozialen Diskursen führt zu einem Verlust kultureller Selbstbestimmung und erschwert die demokratische Teilhabe der breiten Bevölkerung.
  4. Verminderte Effektivität von Inklusionszielen: Konzepte von Diversität, Weltoffenheit und Inklusion werden durch eine rein englischsprachige Kommunikation nur teilweise erfüllt, da sie nicht alle Menschen gleichermaßen erreicht und damit bestehende soziale und sprachliche Barrieren verstärkt.

Im Clubkontext hat Englisch als dominante Sprache ebenfalls wichtige Folgen für Teilhabegerechtigkeit und inklusive Kultur:

  1. Ausschluss lokaler Communities: Wenn Clubs und ihre Kommunikation sich ausschließlich auf Englisch fokussieren, fühlen sich viele Berlinerinnen oder Bewohnerinnen mit nicht-englischer Muttersprache ausgegrenzt. Die unmittelbare Nachbarschaft wird nicht aktiv ins Geschehen eingebunden, was das Verständnis von Inklusion untergräbt.
  2. Verlust kultureller Vielfalt: Clubkultur lebt von Vielfalt und lokalen Einflüssen. Eine ausschließlich englischsprachige Kommunikation kann lokale kulturelle Identitäten verwässern oder verdrängen und führt dazu, dass die Clubs als „exklusiv international“ wahrgenommen werden, anstatt als offener gesellschaftlicher Raum.
  3. Verzerrte Repräsentation: Wie im Buch „English in Berlin“ beschrieben, bringen englischsprachige Expats oft andere Blickwinkel in Debatten ein, die nicht immer den lokalen sozialen und historischen Kontext berücksichtigen. Das kann zu einer Entfremdung zwischen Veranstalterinnen, Gästen und Anwohnerinnen führen.
  4. Sprachliche Barrieren bei Beteiligung: Sprachliche Hürden behindern die aktive Teilhabe von nicht englischsprachigen Menschen an Entscheidungsprozessen, Panels und Diskussionen innerhalb der Clubszene, wodurch die Vielfalt der Perspektiven eingeschränkt wird.
  5. Widersprüchliche Inklusionsansprüche: Clubs proklamieren oft inklusive Werte, schaffen das aber nicht vollständig, wenn die primäre Kommunikationssprache Englisch bleibt und somit nicht alle Zielgruppen erreicht werden.