Manchmal wirkt Clubarchitektur heute wie eine 3D-Simulation, die aus Versehen echt geworden ist. Wenn man sieht, wie detailverliebt Leute in Berlin ihre Floors planen, und auf Instagram inszenieren, liegt die Idee nah, dass diese Tools auch in der Clubszene irgendwann Standard werden. 3D-Rendering für Produkte und CPQ-Lösungen sind eigentlich aus der Produktwelt aber sie taugen erstaunlich gut für das, was viele Berliner Clubs längst praktizieren: modulare Räume, wechselnde Setups, temporäre Umbauten.
Mache nicht nur das Line up spannend, sondern auch dem Raum drumherum. Die Anomalie und Karmanoia waren das sicher in den letzten Jahren Vorreiter, um mal bei Namen zu bleiben, die nicht nur Ü50 kennen. Die Clubarchitektur in Berlin war immer DIY, aber eben nie zufällig. Viele der besten Locations leben von präzisen Brüchen. Beton trifft auf Holz, Chaos auf Ordnung, Fluchtweg auf Laserlinie. Bars25,Heideglühen, OHM oder RSO. Diese Logik lässt sich inzwischen digital simulieren: Materialien, Lichtverhältnisse, Bewegungsfluss. Statt wochenlang Wände zu schieben, können Betreiber mit 3D-Rendering-Software Layouts testen, bevor sie jemandem die Schulter auskugeln.
Der Reiz liegt nicht in der Effizienz, sondern in der Kontrolle über Atmosphäre. Wer je versucht hat, eine Anlage so zu stellen, dass sie bei 600 Leuten drückt, aber bei 100 nicht tot klingt, weiß, wie schnell man sich wünscht, man könnte den Raum einfach rendern. Tools wie diese erlauben es, Sound, Licht und Raum schon vor der ersten Party zu denken und nicht nur als Architektur, sondern als Experience Mapping.
Natürlich hat das auch seine Schattenseiten. Je perfekter alles vorab berechnet ist, desto weniger Raum bleibt für Improvisation, für Fehler, für das, was Berliner Clubs immer stark gemacht hat: Unschärfe. Vielleicht ist das die nächste Gefahr, dass Clubräume zu sauber, zu vorhersehbar, zu „designed“ werden. Dass Atmosphäre kein Zufall mehr ist, sondern ein Produktfeature.

Aber da muss man sich wohl bisher noch keine Sorgen machen. Erst werden die großen Kraken sich alle Festivals einverleiben. Die Clubs sind da noch relativ safe und eher von den Padovics dieser Stadt bedroht. Fakt ist doch: Wer heute Club baut, denkt längst in 3D, egal ob mit Software oder Tape Measure. Die Frage ist: Wie behält man den DIRT, wenn alles planbar wird? Vielleicht, indem man Tools nutzt wie diese, aber den Zufall wieder zurück schleust, digital modellierte Imperfektion. Ein zwei Team Meetings mit viel Alkohol und frei wählbaren Farbeimern zur freien Verfügung helfen auch.
Das dürfte bald auch für Event-Brands wie Boiler Room oder HÖR relevant werden. Diese Formate sind hybride Räume aus Stream, Event und Inszenierung. Jede Kameraeinstellung ist ein Statement, jeder Blickwinkel eine Entscheidung über Wahrnehmung. Wenn man das zu Ende denkt, liegt es auf der Hand, dass sie mit digitalen Konfiguratoren experimentieren werden, um Szenarien oder Installationen zu planen. Nicht mehr nur Licht- und Tonpläne auf Skizzen, sondern komplette 3D-Welten, die sich in Echtzeit umbauen lassen.
Boiler Room könnte damit Räume simulieren, bevor sie überhaupt existieren, das Verhältnis von Crowd und DJ, Position der Kameras, wie sich Schweiß, Nebel und LED-Wände im Stream anfühlen. Das klingt nach Overengineering, ist aber längst Realität im Stage Design von Pop und Fashion. Die Clubszene hinkt da eher aus Stolz hinterher. Man will organisch bleiben, aber gleichzeitig jede Storyline im Griff haben.
HÖR in Berlin ist da ein gutes Beispiel. Der Raum ist minimal, aber ikonisch… jeder Winkel durchdacht, jede Reflexion Teil der Marke. Mit einem 3D-Tool ließe sich dieser Raum weiterdenken, ohne ihn physisch zu verändern: simulierte Lichtmodi für Specials, virtuelle Erweiterungen für Collabs, Testläufe für neue Kamerasetups. Das würde nicht die Seele des Raums zerstören, sondern ihn multiplizieren.
Der Punkt ist: 3D-Tools sind kein Ersatz für Clubkultur, sondern könnten ihre physische Unberechenbarkeit um eine digitale Ebene erweitern. Wer so plant, entwirft nicht einfach nur Räume, sondern Stimmungen. Das ist vielleicht der logische nächste Schritt: Clubs als Software, Architektur als Setlist.






